Schutzaufsicht- und Fürsorgeamt (Teilbestand)

Archivplan-Kontext


Identifikation

Titel:Schutzaufsicht- und Fürsorgeamt
Stufe:Teilbestand

Kontext

Bestandsbeschreibung:1. Die Geschichte des Amtes
1.1. Die Entwicklung
Die Schutzaufsicht wird heute Bewährungshilfe genannt, die Inhalte sind jedoch die selben, namentlich die gesetzliche oder freiwillig in Anspruch genommene Betreuung für aus der Haft entlassene Straffällige. Eine erste kantonale Schutzaufsichtsstelle wurde 1924 im Justizdepartement geschaffen. Sie wurde im Nebenamt geführt und sollte «den aus der Strafanstalt St. Gallen und der Zwangsarbeitsanstalt Kaltbach entlassenen Kantonsbewohnern Arbeitsgelegenheit […] vermitteln» (RBR 1964, S. 84). 1948 wurde die Stelle in ein Vollamt aufgewertet, mit Josef Schelbert (1921–2002) besetzt und in Schutzaufsichts- und Fürsorgeamt umbenannt, das Büro wurde in Küssnacht eingerichtet. 1950 erhielt das Amt mit einer Fürsorgerin Verstärkung und ab 1957 arbeitete auch eine Kanzlistin mit. Ausserdem erhielten zahlreiche Praktikantinnen und Praktikanten für einige Monate Einblick in die Tätigkeiten der Dienststelle. Sie stammten aus der Schule für Sozialarbeit Luzern (Frauen), aus dem Lehrerseminar Rickenbach oder aus dem Missionsseminar Schöneck in Beckenried (Männer).
1974 wurde im Zuge einer grossen Reorganisation der Ämter und Dienststellen in den Departementen durch den Regierungsrat das Schutzaufsichts- und Fürsorgeamt ins Departement des Inneren verschoben. Ab 1986 figurierte es für lediglich drei Jahre wie vorher im Justizdepartement, bis es 1989 erneut dem Departement des Inneren zugeteilt wurde, namentlich als Dienststelle im Amt für Gesundheits- und Sozialwesen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Örtlichkeit in Küssnacht aufgehoben und in Schwyz wieder eingerichtet.
Nach der Pensionierung des Amtsinhabers 1986 erfuhr das Schutzaufsichts- und Fürsorgeamt eine umfassende Neuordnung. Durch das neue Gesetz über die Sozialhilfe (vom 18. Mai 1983) fielen die Bereiche der Vormundschaft und der Fürsorge im Wesentlichen den Gemeinden zu. Alle damit verbundenen Aufgaben, die nicht mit Straffälligen zu tun hatten, wurden in der Folge allmählich den Behörden in den Gemeinden übergeben (RBR 1985, S. 22).

1.2. Aufgaben
Die Grundlage zur Schaffung der Schutzaufsichtsstelle bildete die Verordnung über die Errichtung einer Schutzaufsichtsstelle (vom 14. Februar 1924). Der Zweck war die Reintegration der aus Strafanstalten entlassenen Bewohner des Kantons Schwyz. Die nächste grössere Änderung wurde mit dem Regierungsratsbeschluss über die Organisation des kantonalen Schutzaufsichts- und Fürsorgeamtes (vom 19. April 1948) eingeleitet. Dieser beruhte unter anderem auf der Verordnung über bedingte Entlassung, Schutzaufsicht und Entlassenenfürsorge (vom 4. September 1942). Die Aufgaben waren die Bearbeitung der gesetzlichen Schutzaufsichtsfälle, bestehend aus administrativ Versorgten und strafgerichtlich Verurteilten, die Entlassenen-Betreuung und die allgemeine Fürsorge, mit der beispielsweise Trinker, Nervenkranke und Epileptiker, Gefährdete oder Schwererziehbare gemeint waren. «Die Entlassenenfürsorge unterscheidet sich von der Schutzaufsicht dadurch, dass sie für die Entlassenen fakultativ ist. Er kann die Hilfe des Amtes annehmen oder wünschen; er kann sie aber auch ablehnen» (RBR 1950, S. 59f.).
Im Übrigen müssen zwei verschiedene Arten der Fürsorge unterschieden werden. Es gab auf der einen Seite die (freiwillige oder gesetzlich vorgeschriebene) Fürsorge für Straffällige, andererseits die Fürsorge für Bedürftige ohne Bezug zum Strafvollzug. Für erstere war das Schutzaufsichts- und Fürsorgeamt zuständig, für letztere war das Armenwesen mit dem Armenamt die Anlaufstelle.

1.3. Chronologie
1924 Schaffung der Schutzaufsichtsstelle, Amtsinhaber H.H. Adolf Kamer
1944 Amtsinhaber Pater Karl Hüppi, Ingenbohl
1948 Ausbau zur Vollstelle («Schutzaufsichts- und Fürsorgeamt»), Amtsantritt Josef Schelbert; RRB über die Organisation des kantonalen Schutzaufsichts- und Fürsorgeamts
1950 Erste Fürsorgerin (mit einigen Unterbrüchen immer besetzt)
1952 Sekretariat der kantonalen Winterhilfe wird übernommen
1957 Besetzung einer Kanzleistelle
1960 Die Zahl von 1000 geführten Falldossiers wird überschritten. Sie «werden von Begutachtern, Untersuchungsbehörden und Anstaltsdirektoren geschätzt und gerne zur Einsicht und zum Studium eingefordert» (RBR 1960, S. 109f.).
1968 Betreuung und Eingliederung der 54 sich im Kanton Schwyz aufhaltenden Emigranten aus der Tschechoslowakei
1974 Wechsel ins Departement des Inneren
1983 Gesetz über die Sozialhilfe
1985 Betreuung von 41 schwarzafrikanischen Asylbewerbern aus Zaire und Angola
1986 Wechsel ins Justizdepartement; Pensionierung von J. Schelbert; Aufhebung der Fürsorge für nicht Straffällige auf kantonaler Ebene
1989 Wechsel ins Departement des Innern; Verschiebung der Dienststelle von Küssnacht nach Schwyz

2. Beschreibung des Aktenbestands
2.1. Amtsführung
Wie oben beschrieben wird, war die Amtsführung des Schutzaufsichts- und Fürsorgeamtes stark durch eine langjährige personelle Konstanz geprägt, namentlich durch den Amtsinhaber von 1948 bis 1986, Josef Schelbert. Zudem änderten sich während des Zeitraums seiner beinahe vierzigjährigen Tätigkeit auch die Aufgabenbereiche kaum. Daraus ergibt sich eine konsistente Aktenführung über diesen Zeitraum.

2.2. Zeitraum
Im Archiv sind Akten des Schutzaufsichts- und Fürsorgeamtes vorhanden, Akten zur vorangehenden Dienststelle fehlen.
Der Zeitraum der Akten erstreckt sich über die Jahre 1937 bis 1988, dabei liegen jedoch erst ab 1945 regelmässig Fälle vor. Der Höhepunkt der Fallzahlen liegt um das Jahr 1960, wobei die Fürsorgefälle eher etwas früher, die Schutzaufsichten eher etwas später ihr Maximum erreichen.

2.3. Umfang
Der Bestand besteht aus insgesamt 1120 Fallakten zu Schutzaufsichten und zur Fürsorge (entspricht 167 Schachteln). Es ist davon auszugehen, dass von den ursprünglich vorhandenen Fällen dennoch rund ein Drittel fehlt. Dies lässt sich aus der Fallnummerierung vermuten (siehe unten). Inhaltlich fehlen vermutlich vor allem Fallakten von betreuten Vormundschaften.
Die Schutzaufsichtsfälle stammen aus drei verschiedenen Ablieferungen (1986, 1989 und 1995), die Fürsorgefälle aus deren zwei (1986 und 1988). Zu den genaueren Beschreibungen der Teilbestände siehe 4.

2.4. System
Grundsätzlich wurden sowohl die Fürsorge- als auch die Schutzaufsichtsfälle nach dem gleichen System geführt. Jeder Fall hat eine Fallnummer, die wohl ursprünglich chronologisch nach Falleröffnung vergeben wurde. Viele Nummern wurden aber offenbar nachträglich vergeben, weshalb die Chronologie aufgehoben wurde und die Fallnummern für die Ordnung keine nützlichen Hinweise mehr geben. Zudem wurden die Fallnummern über sämtliche Fälle vergeben, d.h. es wurde nicht zwischen Fürsorge und Schutzaufsicht unterschieden.
Es wurden insgesamt rund 1700 Fallnummern vergeben, davon sind 1120 Fälle vorhanden. Die Vermutung liegt demnach nahe, dass rund ein Drittel der ursprünglich existierenden Fälle fehlt.

2.5. Register und Verzeichnisse
Es existieren zwei Karteien, in denen ein grosser Teil der Fälle erfasst ist, allerdings bestehen Lücken von unbekanntem Ausmass.
Alle im Bestand existierenden Fälle sind in einer Excel-Datei erfasst. Darin sind die folgenden Informationen ersichtlich: Eröffnungsjahr, Name, Vorname, Fallnummer, Geburtsdatum, Heimatort, Geschlecht und der Aktenzeitraum. Mithilfe dieser Datei lässt sich ein handliches Verzeichnis für die ins Archiv 4 überführten (und somit unerschlossenen) Fälle erstellen.

3. Quellenwert und Aufbewahrung
3.1. Quellenwert
Der Bestand des Schutzaufsichts- und Fürsorgeamts bildet ein umfassendes Abbild der Massnahmen, die für entlassene Straffällige ergriffen wurden. In den Falldossiers wird häufig ein Abschnitt des Lebens dieser Personen ausführlich dokumentiert. Aus der Perspektive der Verwaltung und der Justiz wird so ein Aspekt der Gesellschaft ersichtlich. Doch auch die betroffenen Personen selbst kommen häufig zu Wort, da die Korrespondenz mit ihnen ebenso enthalten ist.
Dieser Aspekt, mit den Akten einen sehr spezifischen Teil sowohl der Gesellschaft als auch der Verwaltung abbilden zu können, macht diesen Bestand so aussagekräftig. Eine weitere Eigenschaft ist die einheitliche Amtsführung durch eine Amtsleitung (Josef Schelbert) über einen fast vierzigjährigen Zeitraum. Während dieser Dauer wurden die Akten nach dem selben System und den gleichen Kriterien geführt, was auch auf die konstante Gesetzeslage zurückzuführen ist (vgl. 1).
Neben diesen inhaltlichen Eigenschaften bietet auch die Quantität der 1120 Falldossiers interessante Möglichkeiten, Informationen aus statistischen Auswertungen zu gewinnen. Die Repräsentativität ist Dank einer sehr hohen Fallzahl sicherlich gewährleistet.

3.2. Entscheid
Das Staatsarchiv hat sich aus diesen Gründen entschieden, den Bestand integral aufzubewahren.
Trotz der Einheitlichkeit des Bestandes sollen gemäss der Trennung zwischen Archiv 3 und Archiv 4 die Akten bei den Jahren 1969 und 1970 aufgeteilt werden. Dies verlangt einerseits die konsequente Praxis der einmal bestimmten Archivzeiträume und ist andererseits nicht zuletzt wegen des grossen Umfangs des Bestandes gerechtfertigt.

4. Vorgehen bei der Erschliessung
4.1. Prinzip
Es ist heute nicht mehr nachzuvollziehen, weshalb bei der gleichen Aktenführung der Fürsorge- und Schutzaufsichtsfälle bei einem von fünf abgelieferten Beständen nach Fallabschluss statt nach Falleröffnung abgelegt wurde. Dies machte die Zusammenführung dieser zwei Bestände schwieriger. Das Prinzip, den Bestand nach Falleröffnung zu ordnen, ergab sich auch aus der Fallführung. So wurden bei zahlreichen Fällen noch Jahre nach den ordentlichen Akteneinträgen Vermerke zum Aktenabschluss angebracht, die nur wenig über den tatsächlichen Fallabschluss aussagen.

4.2. Gliederung der Akten nach der Zusammenführung
- Kartei
- Fälle Schutzaufsicht
- Fälle Fürsorge
- Abrechnungen
 

Verwandte Verzeichnungseinheiten

Verwandte Verzeichnungseinheiten:Schutzaufsichts- und Fürsorgeamt (Teilbestand)
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Archiv
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Mitarbeiter
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL: https://query.staatsarchiv.sz.ch/detail.aspx?ID=427080
 

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